Bean (Charlie Sheen, u.a. “Hot Shots”, “Wall Street”, “Platoon”) ist eigentlich ein guter Soldat, ein anständiger, ehrlicher junger Amerikaner. Der Tod seines Vaters erschüttert ihn derart in seinen Grundfesten, dass er es massiv drauf anlegt, aus der Armee entlassen zu werden, weshalb er sich die Handrücken tätowieren lässt (die Armeevorschriften verbieten Tätowierungen an uniformiert sichtbaren Stellen). Als er sich auch noch betrunken mit der Militärpolizei prügelt, wartet statt der Freiheit der Knast auf ihn. Zur Demütigung steckt der cholerische, kampferprobte Sergeant McKinney (Martin Sheen, u.a. “Wall Street”, “Apocalypse Now”, “Gettysburg”) ihn, der mit 90 Tagen bestraft wurde, zu 5 für Kapitalverbrechen verurteilten Schwarzen (u.a. Laurence Fishburne (“Matrix”)) in einen separaten, abgetrennten Gefängnisbau. Nach anfänglichen Schwierigkeiten fangen die sechs an, sich zu verstehen. McKinney reagiert auf diese unerwartete Entwicklung, indem er die Gruppe nach allen Regeln der Kunst quält. Beim Strafexerzieren gerät die Situation ausser Kontrolle: Einer der Gefangenen wird bei einem “Fluchtversuch” erschossen.

Nach “Wall Street” (1987) war dieser Film das zweite, große Aufeinandertreffen von Vater und Sohn Sheen. Speziell in Zeiten, in denen Charlie Sheen eher mit Drogenproblemen oder Ehekrisen auf sich aufmerksam macht, tut es gut, einen Film wie “Cadence – Ein fremder Klang” zu sehen, in dem Sheen beweisen kann, dass er ein überaus fähiger Darsteller ist, gerade was “Problemcharaktere” wie diesen “Private Franklin Bean” angeht. Es gelingt dem jüngeren Sheen, die inneren und äußeren Kämpfe seiner Figur so glaubhaft auf den Bildschirm zu bringen, dass der Zuschauer sich seiner Figur sehr verbunden fühlt. Dem beinahe zum Rebellen gezwungenen Sheen/Bean steht der “harte Hund” Sergeant Otis McKinney gegenüber. Sheen senior zeigt, woher der Junior das Talent hat. Die Wutausbrüche McKinneys, das pedantische Mustern der Gefangenen und seiner Untergebenen und die Verzweiflung des “Vaters McKinney”, die im Laufe des Films in verschiedenen Facetten benutzt wird, um das Verhalten des Sergeants zu durchleuchten, all das ist sehr überzeugend umgesetzt. Zwei großartige Schauspieler, die sich hier ein fesselndes und bewegendes Kräftemessen liefern, nicht zuletzt deshalb, weil Vater und Sohn im wirklichen Leben auch hier eine Art Vater-und-Sohn-Konflikt durchmachen.

Martin Sheen spielte jedoch nicht nur eine der wichtigsten Rollen des Films, sondern führte auch Regie und auch in diesem Bereich verdient seine Arbeit große Anerkennung. Gefühlvoll setzt er die Konflikte zwischen den Beteiligten in Szene, inszeniert gekonnt die Schatten- aber auch die (wenigen) Sonnenseiten im Alltag der inhaftierten Soldaten und gönnt dem Zuschauer mit dem einen oder anderen Kameraschwenk fantastische Landschaftsaufnahmen und beklemmende Blicke durch Stacheldraht und meterhohe Zäune.

Eine Bemerkung wert ist auch der Filmtitel. “Cadence” bezeichnet beim US-Militär die Gesänge, die Einheiten etwa beim Lauftraining singen, aber auch die Songs, die farbige Sklaven während ihrer Arbeit sangen wurden so gennant. Ein solcher Sklaven-Gesang ist es auch, der von der Gruppe beim Exerzieren gesungen wird. Wenn dieser Gesang und das zugehörige Ritual in der Schlussszene ein letztes Mal vorgeführt werden, hat dies eine ganz eigene Dynamik, die man erlebt haben muss, weil sie nicht in Worte zu fassen ist. Wer sich von der Atmosphäre des Films bis hierhin hat tragen lassen, der wird diese Dynamik spüren.

Überhaupt ist die Musik sehr gelungen. Immer der Stimmung angemessen, sich zwischen ruhigen, träumerischen Melodien und kraftvollen Gospeln bewegend. Für die gelungene Zusammenstellung, die die Atmosphäre des Films so geschickt nutzt und verstärkt, verdient die Filmcrew mehr als nur ein wenig Lob.

“Cadence – Ein fremder Klang” erzählt eine spannende, dramatische, traurige und irgendwie doch schöne Geschichte so, dass der geneigte Zuschauer den Film wieder und wieder sehen und sich dabei auch nicht stören lassen wird. In der Filmografie Charlie Sheens stellt dieses Werk eines der gelungensten dar und auch Martin Sheen konnte mit der Doppelbelastung wichtige Rolle/Regie offensichtlich sehr gut umgehen. Ein überaus sehenswertes Drama, das vor dem Militärhintergrund zwar möglicherweise etwas bewegender wirkt, jedoch nicht auf ihn angewiesen ist, um seine Wirkung zu entfalten.

Die DVD enthält den Film in deutscher DolbyDigital-5.1-Tonspur, englischer DolbyDigital-2.0-Tonspur und bietet optional deutsche Untertitel. An Extras finden sich neben dem Originaltrailer noch Filmografien der Hauptdarsteller, einige Hintergrundinfos und der sehr sehenswerte Bonus-Kurzfilm “ENEMY”.