Dass Videospiele ein extrem populärer Zeitvertreib sind, dürfte niemanden mehr überraschen. Auch, dass das kein deutsches sondern ein europa- und sogar weltweites Phänomen ist, ist nicht wirklich etwas Neues. Neu, durchaus überraschend und teilweise sogar erfreulich sind dagegen einige der Ergebnisse einer aktuellen Studie der “Interactive Software Federation of Europe” (ISFE).
Die Studie mit dem Titel “Video Gamers in Europe – 2008” wurde von NIELSEN GAMES im Auftrag der ISFE durchgeführt. Untersucht wurde das Kauf-, Spiel- und Sozialverhalten von Videospielern in fünfzehn europäischen Ländern, darunter das Vereinigte Königreich, Frankreich, Italien und natürlich Deutschland, aber auch kleineren Vertretern wie Luxemburg oder Lettland. Befragt wurden anhand einer 25minütigen Online-Befragung 400 Spieler je Land, was zur Gesamtsumme von 6000 Probanden führt.
Hier wiederum kann man unter empirischen Gesichtspunkten auch direkt einen massiven Kritikpunkt ausmachen. Dass 400 Befragte in einem Land mit etwa 82 Mio Einwohnern wie Deutschland gleichermaßen repräsentativ sein sollen wie beispielsweise in Lettland, das weniger als 2,5 Mio Einwohnern hat, erscheint nicht wirklich schlüssig.
Die Testgruppe bestand zu 70% aus männlichen und zu 30% aus weiblichen Teilnehmern, alle angesiedelt im Altersspektrum zwischen 16 und 49.
Spielgewohnheiten, Sozialstruktur und Sozialverhalten
Um für die Befragung ausgewählt zu werden, mussten die Probanden auf einer gängigen Plattform, etwa PC, Konsole oder Handhelds spielen und in den letzten 6 Monaten wenigstens ein Original-Spiel erworben haben. Die Verteilung dieser Plattformen zeichnet ein relativ eindeutiges Bild: die weiteste Verbreitung finden Konsolen als Gesamtheit mit 72%, der PC mit 61% und schließlich die Handhelds mit 35%. Einzeln allerdings kann keine der Konsolen dem PC gefährlich werden. Die durchschnittliche Verbreitung liegt, abgesehen von der Playstation 2 mit 45%, bei unter 20%.
Der Befragung zufolge ist der PC das dominante Spielgerät bei Männern mit einem Verbreitungsgrad von 65%, während “nur” 53% der Frauen sich als PC-Spielerinnen bezeichnen.
15% der befragten Spieler gaben an, mehr als 10 Stunden pro Woche zu spielen. Hier ist die dominante Gruppen männliche (19%) Spieler unter 25 (19%). Im Gegensatz zu diesen “Vielspielern” verwenden 56% der Befragten nur eine bis fünf Stunden pro Woche auf ihr Hobby.
Mit 16% liegen die Deutschen knapp über dem Durchschnittswert für Vielspieler und mit 42% deutlich unter dem Wert für die Gelegenheitsspieler zwischen einer und fünf Stunden.
Immerhin: nachweislich scheint das Sozialverhalten nicht besonders unter dem Videospielen zu leiden. Auf die Frage, welcher anderen Freizeitaktivität sie mindestens einmal monatlich nachgehen würden, antworteten zwei Drittel wenigstens einmal pro Monat Zeit mit Freunden zu verbringen, 58% beim Einkaufen, 53% im Kino und 52% mit Essengehen und immerhin noch 49% gaben an, wenigstens einmal pro Monat in ein Cafe, eine Kneipe oder Bar zu gehen.
Kaufkraft & Konsumgewohnheiten
Wirklich spannend wird es aber bei den Kaufgewohnheiten. Im europäischen Schnitt kaufen 10% der Spieler mehr als 10 Spiele pro Jahr, in Deutschland sind es nur 8, in Großbritannien sogar 18!. Der durchschnittliche britische Spieler besitzt 43 Spiele, der deutsche dagegen nur 29. Vielleicht erklärt dies, warum im europäischen Vergleich Deutschland nur den dritten Platz im Hinblick auf den Softwareumsatz belegt: hierzulande werden 1,4 Milliarden EUR für Software ausgegeben, in Frankreich immerhin 1.6 Milliarden, in Großbritannien aber 2,3 Milliarden EUR, obwohl Deutschland deutlich bevölkerungsreicher ist als beide.
Zu den wichtigsten Ergebnissen der Studie aber gehört ohne Zweifel, dass Europa den USA den 2. Rang der umsatzstärksten Märkte für Software abgelaufen hat. Mit 7,3 Milliarden EUR Umsatz 2007 befindet man sich in Schlagdistanz zu den 7,4 Milliarden Asiens und deutlich vor den 6,9 Milliarden der USA. Ob dies dazu führt, dass die Softwarehersteller in Zukunft verstärkt exklusive Angebote in Europa anbieten bleibt aber abzuwarten.
Alle Ergebnisse der Studie sind kostenlos auf der Website der ISFE verfügbar. Die volle Studie umfasst 76 Seiten Zahlen, Daten und Fakten, die achtseitige Zusammenfassung enthält leider nur wenige für Deutschland relevante Informationen sondern konzentriert sich auf den Vergleich zwischen UK, Spanien und Finnland, der der Schwerpunkt der diesjährigen Studie war und wo eine intensivere Befragung stattgefunden hat.
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Erstveröffentlichung 30.05.2008 10:30 auf figh7club.com