Eine Untersuchung des Pew Internet & American Life Project bestätigt nun, was viele längst vermutet hatten: Eine überwiegende Mehrheit der Teenager profitiert spürbar von Videospielen. Die Studie kommt klar zu dem Ergebnis, dass für den Großteil der Jugendlichen das Stereotyp nicht gilt, dass Videospiele eine gewalttätige, antisoziale Aktivität für Einzelgänger sind. Der durchschnittliche Teenager spiele verschiedenste Arten von Spielen und im Normalfall auch mit Freunden oder der Familie. Befragt wurden 1102 Jugendliche.
Die Probanden setzten sich aus männlichen und weiblichen Jugendlichen zwischen 12 und 17 Jahren zusammen. Von den 1102 Befragten gaben 86 Prozent an, Videospiele zu spielen.
Knapp die Hälfte der befragten Jugendlichen hat bereits Spiele gespielt, die sie verstärkt über moralische und ethische Fragen nachdenken ließen. Etwa 40 Prozent hatten Spiele gespielt, die sie vor die Aufgabe stellten, eine Gemeinschaft oder politische Institution zu führen, genau so viele wie angaben, aus Spielen über soziale Probleme gelernt zu haben. Pew stellt hier einen Zusammenhang her und behauptet, dass Jugendliche, die derartigen Aktivitäten und Inhalten ausgesetzt worden seien, sich sehr viel wahrscheinlicher in die Politik und das aktuelle Geschehen in der wirklichen Welt einbringen würden.
Kontaktarme Stubenhocker?
Gerade mal ein Viertel der Befragten spielte Spiele ausschließlich allein, was klar dem Vorurteil der “vereinsamenden Videospiele” entgegentritt. Darüber hinaus spielt ein Großteil der Befragten mindestens 5 verschiedene Genres, immerhin noch die Hälfte spielt sogar Spiele aus acht oder mehr verschiedenen Genres.
Joseph Kahne, Mit-Autor der Studie und Leiter einer universitären Forschungseinrichtung mit ähnlichem Schwerpunkt, meint, dass es wichtig sei, sich nicht so sehr darauf zu konzentrieren, wie viel Zeit Kinder mit Videospielen verbrächten. Stattdessen solle mehr Aufmerksamkeit den Erfahrungen geschenkt werden, die Kids währenddessen machen. Spiele, die Aspekte des täglichen politischen oder privaten Lebens simulieren könnten sehr wohl zwischenmenschliche Fähigkeiten und persönliches Engagement stärken.
65 Prozent der Teenager spielte ihr Lieblingsspiel mit Leuten im selben Raum, 70% spielten sogar regelmäßig online mit Leuten, die ihnen auch persönlich bekannt waren.
Licht und Schatten
Problematisch wird die Studie ein wenig beim Thema Fäkalsprache, Rassismus und Blödeleien über die VoIP-Funktionen der Spiele. Zwar würde ein Großteil der Teenager dies ignorieren. Zeitgleich sagten aber auch 63 Prozent der jugendlichen Zocker, dass ihnen schon Leute über den virtuellen Weg gelaufen wären, die während des Spielens bösartig und übermäßig aggressiv reagiert hätten. Andererseits hätten auch beinahe drei viertel der Befragten wenigstens ab und an erlebt, dass andere Spieler den bösartigen Spieler aufgefordert hätten, aufzuhören.
Wo bösartige Spieler sind, gibt es natürlich auch das Gegenteil und so berichteten etwa 85% der Spieler, denen Online-Pöbler über den Weg gelaufen waren, dass ihnen auch hilfsbereite oder großzügige Spieler begegnet wären. Pew fasst diese Ergebenisse mit dem schlichten aber einleuchtenden Fazit zusammen, dass in den Online-Welten das gesamte Spektrum zwischenmenschlicher Interaktion zu finden sei.
Hitliste
Zu den beliebtesten Spielen in der Gruppe der befragten 12- bis 17jährigen gehören Guitar Hero, Halo 3, Madden NFL, Solitair und Dance Dance Revolution. Auch Hits wie Grand Theft Auto dürfen natürlich nicht fehlen. Rennspiele, Puzzles und Sportspiele sind mit 74, 72 und 68 Prozent die beliebtesten Genres bei den Teenagern, allerdings dicht gefolgt von den Genres Action (67 Prozent) und Adventure (66 Prozent).
Bezeichnend an der Untersuchung ist auch, dass die allseits beliebten Egoshooter, populistisch auch “Killerspiele” getauft, in dieser Befragung gar keine so überragende Rolle spielten und mit 47% bei weniger als der Häfte der Befragten zum Programm gehören und damit sogar weniger als Spiele der Genres Rhythmus-Gefühl, Strategie, Kampf oder Simulation. Am unbeliebtesten sind MMOs wie World of Warcraft und Virtual World-Simulationen wie Second Life. Die Genres fanden gerade mal bei 21 beziehungsweise 10 Prozent der Befragten Zustimmung.
Der englische Original-Fragebogen lässt sich im PDF-Format direkt von der Projektwebsite herunterladen, ebenso wie der originale Projektbericht mit einem Umfang von 76 Seiten.
–
Erstveröffentlichung 17.09.2008 07:30 auf figh7club.com